friss dich fit

Autophagie – »Müllabfuhr« der Zelle

Autophagie oder Autophagozytose (von altgriechich »auto« selbst und »phagein« essen, d.h. »sich selbst verzehren«), bezeichnet den Recycling-Prozess in der Zelle eines Organismus, bei dem die Zelle beschädigte Bestandteile aussortiert, abbaut, und wiederverwertet. Dieser Prozess der Selbstreinigung erfasst verklumpte Proteine, die das Nervensystem schädigen können, geschädigte Mitochondrien, die zu Krebs führen können, ebenso wie Viren, Bakterien, und andere Mikroorganismen, die von außen in die Zelle eingedrungen sind und nun bekämpft werden müssen.

Bei der Autophagie wird das zur Wiederverwertung markierte Material zunächst mit einer doppelten Biomembran umhüllt. Dieser »Müllbeutel« wird innerhalb der Zelle transportiert, bis er an ein Lysosom andockt, und dort durch saure Enzyme zersetzt wird. Beim Recycling freigesetzte Nährstoffe verwertet die Zelle wieder, sie ist also bedingt in der Lage, sich selbst zu ernähren.

Fasten regt die Zelle zur Selbstreinigung an

Forscher haben den Prozess der Autophagie bereits in den 1960er Jahren beobachtet. Der japanische Wissenschaftler Yoshinori Ōsumi erhielt für seine Entdeckungen auf diesem Gebiet 2016 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Es ist bekannt, dass Fasten die Zelle zur Autophagie anregt. Forscher der Stellenbosch University in Südafrika vermuten sogar, dass die Appetitlosigkeit bei Krankheit und Fieber eine Überlebensstrategie des Organismus ist, indem Erregern die Nahrung entzogen und Zellen zur Selbstreinigung angeregt werden. Es gibt allerdings Krankheiten, die den Appetit anregen. Gesunde Menschen und Tiere, die ihrer Intuition vertrauen können, wählen von Fall zu Fall instinktiv die richtige Diät.

Sonntags das Abendessen weglassen?

Ernährungsexperten streiten darüber, ob wir täglich sechs kleine Mahlzeiten oder lieber nur eine einzige, größere Mahlzeit zu uns nehmen sollten. Professor Ōsumis Forschungsergebnisse sprechen jedenfalls dafür, dass intermittierendes Fasten sinnvoll ist, damit die Zelle über einem ununterbrochenen Verstoffwechseln von Nahrung nicht die lebenswichtige Selbstreinigung versäumt. Dazu lässt man einmal pro Woche beispielsweise ein Abendessen aus, und gibt dem Körper von ca. 13:00 Uhr bis vielleicht 09:00 Uhr des darauffolgenden Tages gut 15 bis 20 Stunden Zeit zum Fasten.

Autophagie funktioniert vor allem dann, wenn die Zelle mindestens zwölf bis 14 Stunden in Ruhe gelassen wird mit dieser Verdauungsarbeit. – Prof. Andreas Michalsen1

Autophagie durch Sport

Auch der durch Sport ausgelöste, vorübergehende Nährstoffmangel in der Zelle kann die Autophagie ankurbeln2, erläuterte Professor Dr. Frank Madeo vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz gegenüber der Zeitschrift Bild der Wissenschaft. Die Zelle verhalte sich dann wie beim Fasten. Die positive Wirkung des Sports komme demnach unter anderem durch Autophagie zustande.

Polyphenole

Die in schwarzem Tee, Kaffee, und Rotwein enthaltenen Polyphenole, insbesondere das in der Schale von roten Trauben vorkommende, und im Rotwein konzentrierte Resveratrol, sollen die Selbstreinigung der Zelle fördern. Übertreiben sollte man es mit Kaffee und Rotwein allerdings nicht; zu viel des Guten ist schlecht. Noch ist nicht klar, ob Rotwein überhaupt genug Resveratrol enthält, um eine gesundheitliche Wirkung zu entfalten.

Spermidin

Mit zunehmendem Alter lässt die Fähigkeit der Zelle zur Autophagie nach; möglicherweise im Zusammenhang mit dem altersbedingten Rückgang des als »longevity agent« bezeichneten, körpereigenen Spermidins. So erklärt sich vielleicht, warum Krebst und Stoffwechselkrankheiten im Alter häufiger auftreten. Zusätzlich zur Produktion im Körper, nehmen wir jeden Tag Spermidin mit der Nahrung auf. Das Jungbrunnen-Molekül Spermidin findet sich in Samenflüssigkeit (900 bis 2000 mg/kg), Weizenkeimen (243 mg/kg), fermentierten Sojabohnen (Natto), frischem grünen Pfeffer, Pilzen, fermentierten Käsesorten, Birnen, Durian (Zibetfrucht oder Stinkfrucht), Erbsen, Salat, und Zitrusfrüchten (v.a. Grapefruit). Mit gezielter Ernährung lasse sich die tägliche Aufnahme erhöhen. Die Zelle verhalte sich dann wie beim Fasten, so Dr. Madeo. Spermidin in Reinform zu sich zu nehmen, z. B. als Nahrungsergänzungsmittel, hält der Forscher allerdings für gefährlich.


1. odysso: Trickreich abnehmen SWR Fernsehen, 03.05.2018
2. Wilhelm, Klaus: Fasten für ein langes Leben (Bild der Wisschenschaft 03/2014)

Glossar